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MORGEN • WÜRDIGES GEDENKEN AN DIE OPFER

 

Die Hansestadt Lübeck verfügt im Herzen der Altstadt über ein besonderes bauhistorisches Denkmal: Die alten Gestapozellen im Keller des Zeughauses.

Das ehemalige Zeughaus, seit dem Mittelalter als Waffenlager genutzt, wurde in den Jahren 1921/1922 zum Polizeipräsidium der Hansestadt Lübeck umgebaut.

In der Weimarer Republik war die Abteilung der Politischen Polizei mit zwei Personen besetzt. Nach 1933 bauten die Nationalsozialisten diese Abteilung zur Geheimen Staatspolizei mit 105 Beamten und Angestellten aus. Es galt Verbote von Organisationen durchzusetzen und Andersdenkende und –handelnde systematisch zu drangsalieren und zu verfolgen. Dem Regime ging es auch darum, ein Klima der Angst zu erzeugen.

Bock Wilhelm Kriminaldirektor 1933Erster Leiter der Gestapo Lübeck wurde Wilhelm Bock, Mitglied der NSDAP seit 1929 und von Verfolgten wie Vorgesetzten gleichermaßen als „radikal und rücksichtslos“ beschrieben.
Quelle: Fotosammlung der Hansestadt Lübeck

Die Gestapo-Zentrale im Lübecker Zeughaus war während der NS-Diktatur ein Ort staatlich sanktionierten Terrors und für hunderte Lübecker und Lübeckerinnen eine Durchgangsstation in die Konzentrationslager des Deutschen Reichs. Vielfach waren sie von Nachbarn, Bekannten oder Angehörigen hier bei der Gestapo denunziert, in Haft genommen und im Zeughaus verhört worden. Die einstigen Verwahrzellen der Gestapo sind im Keller des Gebäudes in fast unveränderten Zustand erhalten und legen Zeugnis ab von Ausgrenzung, Menschenverachtung und dem Missbrauch staatlicher Gewalt.

 

||||| ERINNERN FÜR DIE ZUKUNFT

Zeitzeugen der NS-Diktatur stehen uns bald nicht mehr zur Verfügung. Orte, die die Geschichte dieser Zeit abbilden, bleiben erhalten. Ihr Schutz und ihre Würdigung ist selbstverständlich. Wir sehen es als Aufgabe der Hansestadt, diesen einmaligen authentischen Ort verbindlich zu erhalten und zu einem würdigen Erinnerungsort zu machen. Dazu ist es zunächst einmal notwendig die Räumlichkeiten bautechnisch instand zu setzen, sie von außen deutlich zu kennzeichnen und einen öffentlichen Zugang zu ermöglichen.

 

||||| DER POLITISCHE LERNORT - EIN RAUM FÜR VERMITTLUNG

An Ort und Stelle sollen Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt Informationen erhalten, Anregungen zum politischen Diskurs und sich zudem mit den Gefahren von Angriffen auf unsere freiheitlich demokratische Grundordnung auseinandersetzen können. Die Zellen selbst bedürfen dazu einer zurückhaltenden wissenschaftlichen Erklärung. Des weiteren bedarf es Räumlichkeiten für eine weitergehende Auseinandersetzung mit dem Ort, die in dem kleinen, neueren Anbau an der Nordseite des Zeughauses gut vorstellbar ist.

 

||||| BISHERIGE SCHRITTE

1987 fingen Linde Fröhlich und ihr Team in dem Film „..und hätten die Freiheit nicht wiedergesehen!“ die Stimmen der letzten Zeitzeugen ein, die in diesen Kellerräumen gedemütigt und gefoltert wurden. 2007 erarbeitete eine Projektgruppe der Willy- Brandt-Schule eine erste Dokumentation zu den Gestapo-Zellen. 2017 schließlich fand im Haus der Kulturen ein Arbeitstreffen statt, bei dem man sich zum ersten Mal konkrete Gedanken über einen zukünftigen Erinnerungsort Gestapo-Zellen machte. In der Folgezeit fanden Gespräche mit Vertreter- innen und Vertretern von Politik und Verwaltung statt, um diesen unsere Pläne und Forderungen vorzutragen. Außerdem haben wir immer wieder in Veranstaltungen auf die Bedeutung dieses Ortes aufmerksam gemacht.

 

||||| CHANCE UND APPELL

Es ist an der Zeit, dass Bewegung in die Sache kommt. Wir rufen alle Lübeckerinnen und Lübecker auf, das Anliegen zu unterstützen. Politik und Verwaltung sollen entsprechende Schritte einleiten, die original erhaltenen Gestapo-Zellen baulich zu sichern und zugänglich zu machen sowie eine kleine wissenschaftliche Ausstellung und ein pädagogischen Konzept in Auftrag zu geben. Wir sind sicher, dass der Gedenkort Gestapo-Zellen dazu beitragen wird, Geschichte wie Gegenwart tiefer zu verstehen und angesichts der aktuellen Gefahren für die Demokratie und unsere Gesellschaft besser gerüstet zu sein.

 

„WIR BRAUCHEN ERINNERUNGSKULTUR AN AUTHENTISCHEN ORTEN!“

Karin Prien
Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (2019)